Es dauert ja doch eine gewisse Zeit, bis ich mal sprachlos bin, aber hin und wieder schaffen es doch einige Zeitgenossen. Aber der Reihe nach.
Im Juni kamen zwei sehr engagierte, motivierte und sympathische Damen, Frau Voss und Frau Schmitt, zu mir und berichteten, dass sie ein Wohnhaus in der Wolthäuser Straße zum 01. Oktober 2025 anmieten wollen, da sie dort eine Heimat für Kinder und Jugendliche schaffen möchten, die in ihrem bisherigen Leben nicht so viel Glück gehabt haben.
Es geht um junge Menschen, die verwaist sind oder auf Grund von schwierigen familiären Verhältnissen nicht mehr in ihren Familien leben können, nicht um kriminelle Intensivstraftäter, drogenabhängige oder gewaltbereite Jugendliche. Acht Kinder und Jugendliche sollen in dem Haus leben und sie werden von sechs Pädagogen rund um die Uhr betreut.
Diese Wohngruppe soll den Bewohnern neue Perspektiven eröffnen (daher wurde der Name „Perspektiv: Wechsel“ für dieses Projekt gewählt) und ihnen als Schutzraum dienen, damit sie erst einmal wieder im Leben zur Ruhe kommen können.
Selbstverständlich werden diese Kinder und Jugendlichen unsere örtlichen Schulen und Vereine besuchen, sie sollen hier Freundschaften schließen und Teil unserer Winser Gemeinschaft werden, denn es ist geplant, dass sie langfristig hier leben werden und keine „Durchlaufposten“ in der Einrichtung sind.
Vor der Eröffnung soll es Ende September noch einen Tag der offenen Tür für die Nachbarn geben, bei denen sich die beiden Verantwortlichen aber auch schon persönlich vorgestellt und über das Projekt berichtet hatten.
Ich kenne meine Gemeinde als soziale, tolle Gemeinschaft, die gerade durch ihre Stärke, dass sie sich offen für die Menschen einsetzt, die Hilfe und Unterstützung benötigen, ein besonderes Miteinander schafft. Ein gut funktionierendes Netzwerk aus Vereinen, Ehrenamtlichen, Privatpersonen und auch der Verwaltung sorgt dafür, dass man hier sehr gut ankommen und heimisch werden kann. Ich hatte also nach dem Gespräch ein richtig gutes Gefühl.
Und dann bekomme ich einige Tage später mit, dass in Winsen das Gerücht die Runde macht, wir bekämen einen Jugendknast (!), dass schon eine Unterschriftenaktion gegen das Projekt läuft und das Nachbarn beim Landesjugendamt eine Beschwerde eingereicht haben.
Echt jetzt, Leute, ticken wir in Winsen mittlerweile so?
Das mag ich nicht glauben und gehe daher davon aus, dass es sich nur um einige, wenige „Verirrte“ handelt, die das Projekt noch nicht verstanden oder sich eine Meinung ohne Hintergrundwissen gebildet haben.
Ich hoffe sehr, dass die eingeladenen Nachbarn sich beim Tag der offenen Tür vorurteilsfrei über das Projekt informieren und das offene Gespräch mit den Projektträgern und auch mir suchen werden, damit sie Antworten auf eventuelle Fragen bekommen können.
Und für alle anderen Interessierten habe ich Frau Voss und Frau Schmitt in den nächsten Schul-, Sozial-, Jugend- und Integrationsausschuss am 13.11.2025 um 18.00 Uhr in der Grundschule eingeladen, damit sie uns ihr Projekt dort einmal vorstellen können.
Und bis dahin halte ich an meiner tiefen Überzeugung fest, dass Winsen eine offene, soziale und starke Gemeinde ist, die gerade Kindern und Jugendlichen eine ehrliche Chance für ein gutes Leben bietet.
Dirk Oelmann