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Winsen (Aller) 1945–2020. 75 Jahre Frieden

Teil 2: 1950 - 1059

Aufschwung der Wirtschaft

Zwischen 1939 und 1950 ist die Einwohnerzahl Winsens und der Außendörfer um mehr als 70% gewachsen, auf nunmehr 7.447 Menschen. Die Währungsreform hat den Schwarzmarkt zum Erliegen gebracht und die Wirtschaft erfährt im ganzen Land einen rasanten Aufschwung.

Diesen unterstützen die westlichen Allierten großzügig, z. B. mit dem Marshallplan. In den Jahren zwischen 1950 und 1963 wird die bundesdeutsche Produktion um 185 Prozent steigen.

Anfang des Jahrzehnts ist die steigende Freude am Konsum auch in Winsen spürbar. Am 6. Juni 1950 versammeln sich hiesige Kaufleute und Handwerker im Gasthaus zum Goldenen Löwen, um den Ende der 1930er Jahre aufgelösten Gewerbeverein neu zu gründen. Dessen Ziel soll es sein, die Interessen der Mitglieder gegenüber Behörden, Kammern und Verbänden zu vertreten.

Vom 1. bis 3. Dezem­ber 1950 veranstaltet der Verein im Sandkrug erstmals die „Winsener Weihnachtsmesse“, auf der örtliche Unternehmen aktuelle Produkte für Haushalt, Hobby, Bekleidung und Einrichtung präsentieren.

Hier bietet z. B. das Lebensmittelhaus Seiffert Liköre und Präsentkörbe an, „Möbel Mußmann“ zeigt ein Eiche-Nussbaum-Esszimmer und Radio Dageförde offeriert die neuesten Elektrogeräte zum Verkauf.

Über 3000 Besucher machen sich mit dem Angebot vertraut – und tätigen dabei das eine oder andere Geschäft. Für die CZ (05.12.1950) ist dieser Erfolg „ein Beweis dafür, dass Handel und Gewerbe auf dem richtigen Wege sind, um Winsen zum Zentrum des Geschäftslebens werden zu lassen“.

Bild 2: Schüler begutachten das auf der Weihnachtsmesse angebotene Spielzeug

Investitionen in die Infrastruktur

Die Winsener Gemeindeverwaltung investiert in den fünfziger Jahren massiv in die Infrastruktur des Ortes. So erhält die Freiwillige Feuerwehr 1950 am Galgenberg ein neues Gerätehaus. Des Weiteren werden eine Schmutzwasserkanalisation, ein Klärwerk und ein Wasserwerk gebaut. Da die Baumaßnahmen für die Kanal- und Wasserleitungen Straßen, Wege und Bürgersteige stark beschädigen, beschließt der Rat im Anschluss, einen Großteil der Winser Straßen zu sanieren.

Die stetig wachsende Einwohnerzahl führt zu einer ebenso schnell steigenden Zahl von schulpflichtigen Kindern. Der Landkreis entscheidet sich somit dafür, in Winsen eine Mittelschule zu bauen, die im November 1950 ihr Richtfest begeht. Bald darauf errichtet die Gemeinde eine zweite Volksschule an der Schulstraße (Ecke Alte Celler Heerstraße). Sie wird im Jahr 1956 eingeweiht.

Die Gemeindefinanzen bewegen sich an der Grenze zur Überschuldung – und gelegentlich auch darüber.

Neue Kreuzung in der Ortsmitte

Im Rahmen des Kanalisationsbaus führt man ab 1956 auch eine Maßnahme durch, die das Aussehen des Winser Ortskerns nachhaltig verändert. Angelegt wird eine Kreuzung, die die Poststraße in gerader Linie mit der Allerbrücke verbindet. So erreicht man eine Beschleunigung und Entlastung des stetigen Autoverkehrs.

Ursprünglich führte der Weg zur Allerbrücke von der Poststraße kommend rechts in die Kirchstraße, und von dort nach wenigen Metern links in die Bahnhofstraße (heute „Am Amtshof“). Die weitere Strecke verlief vorbei am Krähenhof und der Gärtnerei Lohmann zur Brücke nach Südwinsen (s. Bild 7).

Bild 7: Straßenverlauf vor dem Durchbruch zur Allerbrücke (1927).

Die Gestaltung der Kreuzung erfordert drastische Eingriffe: Um die Verbindung zur Brücke zu ermöglichen, legt man eine neue Straße an – die heutige Von-Reden-Straße. Für diese Schneise muss das Papier- und Süßwarengeschäft von Anna Starke („Tüten-Anna“) in der Kirchstraße 1 weichen: Der beliebte Treffpunkt (Bild 5) all jener Schulkinder, die sich kleine Tütchen mit Schnökereien gönnen wollten, wird 1956 abgerissen. 1958 ist die neue Kreuzung fertiggestellt.

Ein Wappen für die Gemeinde

Seit 1958 führt Winsen (Aller) ein eigenes Hoheitszeichen. Es wurde von dem Heraldiker Gustav Völker (1889–1974) entworfen, der auch das niedersächsische Wappen gestaltet hat. 

Zentrales bildliches Element ist Winsens ältestes profanes Baudenkmal, das 1693 erbaute Junkerntor. Es überspannt einen Weg, der früher auf ein Grundstück des welfischen Hofbankiers und Postmeisters Stechinelli (1640–1694) führte.

Die offizielle Wappenbeschreibung lautet: „Auf rotgrünem Boden mit silbernem Fluß ein silbernes Tor mit goldener Gittertür. Die pyramidenförmig zugespitzten Torpfosten sind [...] rechts mit einem schwarzen Hut, links mit einer roten Rose belegt. Dazwischen schwebend der Wappenschild des Landes Lüneburg: auf goldenem mit roten Herzen bestreuten Grund ein blauer, rotbewehrter und rotbezungter Löwe.“